Geschäftspolitik


5. Stimmt unsere generelle Geschäftspolitik noch?

Zunächst ein paar Thesen:

Die Welt ist im Wandel und wir bleiben stehen.

Was gestern gut war ist heute nicht unbedingt mehr gut.

Nichts ist so beständig wie der Wandel.

Man könnte diese Thesen endlos fortführen, doch sie zeigen eines ganz deutlich:

Wer sich auf seine früheren Lorbeeren ausruht, hat schon verloren.

  • Wer nicht erkannt hat, dass die steuerliche Gesetzgebung sich geändert hat, braucht sich nicht zu wundern, dass es keine „Spesenritter“ mehr gibt.
  • Wer die gewandelten Konsumgewohnheiten nicht zur Kenntnis nimmt, braucht sich nicht zu wundern, dass mittags keine Gäste mehr kommen.
  • Wer nicht gemerkt hat, dass das Telefon-Monopol gefallen ist und sich unzählige Telefonanbieter mit Billigsttarifen unterbieten, braucht sich nicht zu wundern, dass niemand mehr im Hotel für 30 oder mehr Cent telefoniert.
  • Wer seine „Afa“ nicht re-investiert, braucht sich nicht zu wundern, wenn sein Betrieb veraltert und die Gäste in andere Betriebe gehen.
  • Wer nicht erkannt hat, dass die Gäste nicht nur zum Ernähren in ein Lokal gehen, sondern etwas erleben wollen, braucht sich nicht zu wundern, wenn sein Betrieb leer bleibt.
  • Wer meint, mit Schwarzgeldern weniger Steuern zahlen zu müssen, braucht sich nicht zu wundern, wenn er keine Darlehen mehr bei einer Bank bekommt.
  • Wer seine Mitarbeiter wie „Personal“ behandelt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sie nur an sich selbst und nicht an den Betrieb denken.
  • Wer glaubt, seinen Betrieb heute noch verkaufen zu können, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er keinen Nachfolger findet.
  • Soll ich weitere derartige Sätze aufführen oder sollten wir lieber darüber nachdenken, was die Branche wirklich machen sollte, um auch in der Zukunft noch erfolgreich zu sein?

Ich glaube, dass es damit beginnen muss, über das „Credo“ der Branche nachzudenken.

Dazu sind viele „Wollen wir …. sein“ Fragen erforderlich:

  • Wollen wir „Diener für Könige“ oder „Gastgeber für Gäste“ sein?
  • Wollen wir in Bankenkreisen als „Schwarzgeld-Empfänger“ gelten?
  • Wollen wir schlechte Mitarbeiter-Führer sein?
  • Wollen wir schwache Kaufleute sein?
  • Wollen wir Ignoranten für neue Trends sein?

Da sicherlich die meisten zu diesen Fragen „Nein“ sagen werden, müssen jetzt die Konsequenzen aufgezeigt werden:

  1. Die gesamte Branche braucht ein neues Leitbild, das vom Dehoga erarbeitet und vorgegeben werden muss.
  2. Wir müssen von einer „Diener-„ zu einer „Professionellen Gastgeber“-Branche mutieren.
  3. Wir müssen Trend-Setter statt Hinterher-Hinker sein.
  4. Wir müssen unsere Dienstleistung verkaufen und keine Waren.
  5. Wir müssen lernen, richtig zu kalkulieren.
  6. Wir müssen Mit-Arbeiter/Mit-Unternehmer und kein „Personal“ haben.
  7. Wir müssen in die Zukunft schauen und nicht alten Zeiten nachtrauern.
  8. Wir müssen unsere Zahlungsbedingungen im Hotel umstellen, wie dies bei Mietverträgen üblich ist.
  9. Wir müssen neue Formen der Unternehmensnachfolge praktizieren.

Bei jedem Unternehmen „stinkt der Fisch immer vom Kopf“. Das trifft natürlich immer nur dann zu, wenn es sich um andere Unternehmen handelt, nie jedoch für das eigene Haus, sprich für sich selbst.

Auch ich habe beim Schreiben gemerkt, dass ich in dem einen oder anderen Feld etwas tun muss und nicht nur fordern darf. Doch Erkenntnis ist einem alten Sprichwort entsprechend der erste Weg zur Besserung.

Ich will nicht überheblich sein, doch einige dieser Forderungen, habe ich bereits mit sehr gutem Erfolg im eigenen Hotel realisiert, sonst hätte ich diese Zeilen wohl auch nicht geschrieben. Doch wenn ich schon alles erreicht hätte, wären ja auch keine Aufgaben für die Zukunft mehr vorhanden und ich könnte in den „schwarzen Einweg-Container“ gehen.

Ich hoffe allerdings, dass meine „Ergüsse“ nicht auf fruchtlosen Boden fallen, denn dann sehe ich wirklich schwarz für unsere Branche. Ich will nicht den Vergleich mit dem Einzelhandel heran ziehen, in dem die „Tante-Emma-Läden“ durch Ketten, Konzerne und Kooperationen ausgelöscht worden sind, da die Gastronomie viel mehr als der Handel von den Menschen in den Betrieben und nicht von der Waren abhängig ist und dieser menschliche Faktor unser eigentliches Kapital ist, den es zu pflegen und zu nutzen gilt.

Doch wenn wir nicht lernen, die Zukunft zu planen und zu beherrschen, dann wird auch in unserer Branche das große Sterben weitergehen, was bei den Gasthöfen und Pensionen schon erschreckende Ausmaße angenommen hat.

Dabei sind es gerade diese Betriebstypen, bei denen der Menschlichkeitsfaktor die größte Rolle spielt. Sie sind nur durch die oben aufgeführten Punkte so im Althergebrachten verfangen und nicht aufnahmefähig für neue Trends, Ideen und andere Managementformen, dass sie keine Chance zu überleben haben, wenn sie sich nicht sehr schnell umstellen.

Da sie hierzu sicherlich kaum aus eigener Kraft in der Lage sind, ist auch der bzw. sind die Verbände gefragt, hier neue Zielrichtungen in der Verbandspolitik zu erarbeiten und die Mitglieder davon zu überzeugen, dass mit den alten Methoden keine Zukunft gestaltet werden kann.

Dabei muss keineswegs revolutionär vorgegangen werden, denn Revolutionen zerstören erst, bevor sie Neues aufbauen können, was noch längst keine Garantie dafür gibt, dass das Neue auch wirklich besser für die Menschen ist.

Die Natur macht es uns vor und geht vorsichtig, d. h. „ evolutionär“ vor und ist somit in der Lage, sich den veränderten Umweltbedingungen anzupassen. Nur Dinosaurier sterben aus. Und das auch nur durch Umwelt-Katastrophen.

Daher sehe ich Lösungsansätze darin, wenn sich ein „Think Tank“ in der Branche bildet, in dem sich Leute treffen, die über den „Tellerrand“ hinausblicken, bestehende Konzepte und neue Ideen miteinander verbinden und diese dann zu einer neuen und Branchenpolitik führen.

Sicherlich muss man dann auch die Frage beantworten, warum es in Deutschland nichts Vergleichbares gibt, wie die ÖHV-Hotelakademie oder die DUA Diplom Unternehmer Akademie in Österreich. Sind wir etwa so gut, dass wir das nicht brauchen?

Jens Diekmann

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