Betriebe


3. Halten wir unsere Betriebe im marktgerechten Zustand?

Trends in der Gastronomie und Hotellerie werden in den meisten Betrieben nahezu ignoriert. Der Geschmack der Menschen ändert sich heute viel schneller als in früherer Zeit, wie alles sehr viel schnelllebiger geworden ist. Die Einrichtung in den meisten Hotels und Restaurants wird jedoch diesen Geschmacksänderungen nur mit jahrelanger, wenn nicht jahrzehntelanger Verzögerung geändert. „Die ist ja noch in Ordnung“ oder „Die ist noch nicht kaputt“ sind meist die Argumente.

So ist es kein Wunder, dass deutsche Hotels und Restaurants oftmals seit über 20 Jahren keine neue Einrichtung mehr erhalten haben. Man sieht heute noch Stile der 70er und 80er Jahre, insbesondere auch bei den „Nasszellen“.

Wenn man sich parallel dazu einmal Einrichtungshäuser ansieht, dann weiß man sehr schnell, was der Kunde/Gast heute sucht.

Nun kann das Argument nicht einfach vom Tisch gewischt werden, dass die Übernachtungspreise es gar nicht erlauben, alle 10 Jahre die Möblierung zu erneuern und die Bäder neu einzurichten. Doch warum verlieren die Einzelbetriebe immer mehr Marktanteile zu Gunsten der Ketten? Spielt hier nicht auch eine Rolle, dass diese meist neu entstehen und somit auch moderner ausgestattet sind?

Wenn man jedoch die Afa-Tabellen des Finanzamtes nur dafür nutzt, die steuerliche Abschreibung zur Vermeidung von Steuerzahlungen zu nutzen, nicht jedoch, um diese Summen zur Re-Investition in den Betrieb zu verwenden, dann frage ich mich, wozu diese Afa überhaupt nützlich sein soll? Zur Finanzierung des Urlaubs auf Mallorca?

Wer also nicht seine Einrichtung den Konsumwünschen des Gastes gerecht wird, braucht sich nicht zu wundern, wenn dieser andere Betriebe aufsucht.

Doch nicht nur in der Einrichtung verhält sich das Gros der Hotellerie so, als ob es keine Trends gibt, sondern auch im marktgerechten Angebot der Gastronomie.

So ist seit Jahrzehnten das Mittagsgeschäft rückläufig. Der Geschäftsreisende kann sich aus Zeit- und Spesengründen nicht mehr erlauben, 1 – 2 Stunden mittags im Restaurant zu sitzen. Die steuerlichen Reisespesen sind drastisch beschnitten worden und auch die Firmen sind nicht mehr so spendabel wie früher.

Doch was passiert in der konservativen Gastronomie? Nichts! Oder noch schlimmer: es wird gejammert.

Man wartet immer noch auf den „Mittagsgast“, obgleich es langsam bekannt sein müsste, dass heute eher die anglo-amerikanischen Essensgewohnheiten gültig sind und man mittags nur einen Snack zu sich nimmt, weil man einfach nicht die Zeit hat, sich mittags in ein Restaurant zum Essen hinzusetzen.

Während Bäckereien und Metzgereien diesen Trend schon längst erkannt und für sich nutzen, gibt es kaum deutsche Restaurants, die sich entsprechend umgestellt haben.

Kennen Sie ein Restaurant oder Gasthaus, das seine Fassade geöffnet hat und am Tresen oder an Stehtischen Imbisse anbietet? In deutschen Gasthäusern und Restaurants hat man sich gefälligst hinzusetzen und auf das Essen zu warten, das der Wirt anbietet. Basta!

Natürlich kommt kein Mensch mehr und der Laden bleibt leer. Mitarbeiter stehen herum und produzieren Kosten, Kosten, Kosten.

Entweder man stellt seinen Betrieb um, was allerdings ohne Baumaßnahmen nicht möglich ist (was die Bäckereien und Metzgereichen ja auch machen mussten) oder man schließt mittags den Betrieb und konzentriert sich auf den Abend.

Während Pizzerien, Chinesen und andere „ethnische“ Restaurants einen schnellen Lieferservice bieten, gibt es dies in der „deutschen“ Gastronomie nicht.

Während Ketten wie McDonald „Menüs“ anbieten, die einen Hamburger, eine Cola und Pommes zu einem Preis anbieten, der niedriger als die drei Einzelbestellungen zusammen liegt, damit der Gast glaubt, etwas billiger gekauft zu haben, hat kein Gastronom dies in seinem Betrieb umgesetzt. Warum wohl nicht? Weil er nach wie vor mit dem %-Aufschlag rechnet und diese Methode verschlechtert ja seinen prozentualen Wareneinsatz.

Das McDonald dies jedoch macht, um einen höheren pro Kopf-Umsatz und einen höheren Deckungsbeitrag pro Gast zu bekommen, hat der Gastronom nicht verstanden.

Daher wird man auch mit der normalen Kalkulation immer feststellen müssen, dass Convenience-Produkte viel zu teuer sind und einen zu hohen Wareneinsatz in % verursachen. Dass jedoch der größte Teil der Mitarbeiterkosten auf den Lieferanten verlegt worden ist, wird dabei übersehen. Mit der herkömmlichen %-Kalkulation kann man dann auch nicht mehr rechnen, denn sie eignet sich ganz einfach nicht. Hier muss man die Deckungsbeitrag- oder Stückkostenkalkulation anwenden. Doch wo soll der Gastronom oder Küchenchef dies lernen?

Das man bei jedem Griechen einen Uso zur Begrüßung bekommt, ist offensichtlich noch keinem „deutschen“ Gastronomen aufgefallen. Sonst hätte er diese tolle Verkaufsförderung längst übernommen.

Natürlich spielt auch eine Rolle, dass man „deutsche“ Küche ja auch Zuhause haben kann, während man „ausländische“ Küche nicht so oft selbst zubereitet und daher lieber ausländische Restaurants aufsucht. Doch solange sich viele Gaststätten auf Schnitzel „spezialisieren“ oder eine Küche von der Frikadelle bis zum Filetsteak anbieten, reizt es die Menschen nicht unbedingt, in diese Betriebe zu gehen.

Wenn man ausgehen will, möchte man etwas Besonderes. Das kann mal ein Steakhouse, mal ein Chinese oder ein Italiener sein, aber auch ein „Kartoffelhaus“ oder ein Haxen-Keller oder eine Suppen-Küche oder Fondue-Restaurant oder Grill-Bar oder, oder, oder. Warum also nicht Spezialisierung mit deutschen Produkten?

Doch muss man sich nicht nur ernsthaft mit den Markttrends auseinandersetzen, sondern auch eine neue Kalkulationsweise, nämlich die der Deckungsbeitrags- oder der Stückkostenkalkulation lernen und anwenden. (Siehe Thema oben…), um diese dann auch erfolgreich bewirtschaften zu können.

Doch nicht nur mit der Kalkulation oder den Markttrends muss man sich auseinandersetzen, sonder auch mit der Frage, wie führe ich meine Mitarbeiter. Und damit wären wir beim nächsten Thema.

4. Stimmt unsere Mitarbeiterführung noch?

Solange man Mitarbeiter als „Personal“ bezeichnet, wird man es auch so behandeln: „Dienen kommt vor Verdienen“ hört man auch heute noch aus vielen Verbandsmündern und von Chefs. Wer von „Personal-Essen“ oder „Personal-Zimmer“ spricht, meint damit nichts anderes, als „das ist für den Gast nicht mehr gut genug, aber für´s Personal reichts´s noch!“

Wer seine Mitarbeiter/innen nicht wie wertvolle Mit-Menschen betrachtet und sie so behandelt, wie er selbst behandelt werden möchte, wird sein „Personal“ auf noch so viele Motivationsseminare schicken können, es wird nie funktionieren.

Wer seine Mitarbeiter über die Unternehmensziele im Unklaren lässt, wird nie erreichen, dass sie selbständig denken und handeln können. Doch vielleicht wollen das viele ja auch gar nicht: „Die sollen das machen, was ich ihnen sage und damit basta!“ Order per Mufti scheint auch heute noch in vielen Betrieben das A und O der Mitarbeiterführung zu sein.

Wer erarbeitet denn schon mit seinen Abteilungsleitern ein Jahresbudget und gibt ihnen freie Hand, im Rahmen dieses Budget eigene Entscheidungen – auch finanzieller Art – zu treffen?

Man muss ja nicht gleich alle Führungskräfte zu einer dreitätigen Klausur in Spitzenhotels dieser Welt einladen, wie Klaus Kobjoll dies praktiziert, doch alle Zahlen vor den Mitarbeitern als „GeKaDoS“ (Geheime Kommandosache) zu behandeln, dürfte wohl nicht mehr der richtige Weg sein.

Wer seine Mitarbeiter/innen gut führt, hat auch ein erfolgreiches Unternehmen. Daher ist Mitarbeiterführung = Unternehmensführung.

Ohne ein Leitbild oder auch „Credo“ genannt, sollte heute kein Betrieb mehr arbeiten.

Darin muss stehen.

  • Was ist unsere Grundüberzeugung? (Wollen wir eine nette Gaststätte oder das beste Grandhotel auf Erden sein)
  • Welche Einstellung haben wir zu unseren Gästen? (Wollen wir sie als „Paxe“ betrachten oder die besten Gastgeber sein?)
  • Wollen wir nur Profit machen oder Freude am Beruf haben?
  • Wollen wir Stammgäste oder nur Einmal-Gäste haben?
  • Wollen wir Mit-Unternehmer oder Personal haben?
  • Welche unternehmerischen Ziele streben wir an?
  • Wie wollen wir diese erreichen?
  • Mit welchen Methoden und Mittel wollen wir dies erreichen.
  • Wie viel Zeit geben wir uns dafür?

Man liest und hört immer wieder, dass „Meine Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital.“ Doch in der Praxis erweist sich diese Floskel eher als Zynismus: Sie sind nur dazu da, den Gewinn des Unternehmer zu mehren.

  • Welcher Unternehmer lässt seine Mitarbeiter am Erfolg teilhaben?
  • Wer gibt leitenden Mitarbeitern Gewinnbeteiligungen?
  • Wer gibt Unternehmensanteile an Mitarbeiter ab und macht sie zu Gesellschaftern oder Mit-Unternehmern?

Was in vielen Unternehmen anderer Branchen als „Beteiligungsmodelle“ längst in erfolgreiche Praxis umgesetzt worden ist, – z. B. Bertelsmann als eines der führendsten und bekanntesten – ist in der Hotellerie und Gastronomie noch die ganz große Ausnahme.

Moderne Management-Methoden sind eher exotisch und werden – wie bei Kobjoll – zwar immer wieder mit Begeisterung auf Seminaren angehört – im eigenen Betriebe jedoch nicht angewendet:

„Ja, der hat es gut. Mit solchen Mitarbeitern kann man das ja auch machen, aber meine? Nein, das geht nun wirklich nicht.“

„Ja, wenn ich so einen Laden hätte, könnte ich es auch machen.“

„Wenn mein Hotel in Nürnberg stehen würde, dann vielleicht, aber hier bei mir geht das einfach nicht!“

Soll ich noch weitere Sprüche loswerden?

Vor vielen Jahren, als ich am Anfang meiner beruflichen Laufbahn stand, habe ich mal einen Satz von Kurt Steinhoff gelesen, der nach einer USA-Reise sagte:

„Man muss nicht kopieren, sondern kapieren!“

Diesen Satz habe ich nie vergessen und ein Leben lang danach gehandelt.

So sollte man auch nicht McDonald kopieren, sondern aus der Methode lernen, denn so erfolgreich wie diese Kette ist, wird man so leicht nicht werden. Doch wenn man sich überlegt, wie man die eine oder andere Methode auf seinen eignen Laden überträgt, dann hat man schon halb gewonnen. Man bliebt individuell und hat doch von einem Systemer viel gelernt.

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